Quellen

Bücher: Natural Horse-Man-Ship von Pat Parelli / quote

Bei meinen ersten Recherchen über die natürliche Reitkunst fand ich viele Einträge über Pat Parelli und seine Methoden. Ich hatte die Gelegenheit, einige seiner Videos anzuschauen, die mich von diesem Pferde(geschäfts)mann wieder entfernten. Dennoch wurde es Zeit, sein Hauptbuch Natural Horse-Man-Ship sorgfältig zu lesen und zu analysieren, da ich viele Fragen über Parelli-Ausbilder erhielt.

Reitkunst ist nichts mehr als eine Folge guter Manieren.

Natural Horse-Man-Ship, Pat Parelli

Eine üppige Grundlage für NH (Natürliche Reitkunst)

Wie die meisten von uns begann Pat Parelli seine Pferde-Karriere als passionierter Pferdenarr, jedoch hatte ER die Chance, großartige Reiter zu treffen, die ihm alle Grundlagen beibrachten. Im gesamten Buch können wir leicht den starken Einfluss von Tom Dorrance und Ray Hunt ausmachen.

Bücher: Natural Horse-Man-Ship von Pat Parelli

In der Tat erwähnt er regelmäßig, wie wichtig es ist, sich der Situation anzupassen, sich in das Pferd einzufühlen, um seine Gedanken zu lesen. Manchmal bedient er sich lediglich der Copy&paste- Methode – was ich nicht kritisiere, da wir nicht immer das Rad neu erfinden müssen und Gutes einfach auch genutzt, erneuert und wieder benutzt werden sollte. „Gefühl, Timing, Balance sind die drei unterschiedlichen Qualitäten, aber sie werden miteinander verbunden“ (cf. Tom Dorrance), „Jederzeit zu wissen, wo sich die Hufe eines Pferdes befinden und wo sein Schwerpunkt ist hilft ihnen, zu wissen, wie Sie dem Pferd helfen können und es dazu zu bringen, sich dorthin zu bewegen, wo Sie es möchten“ (cf. Ray Hunt), etc. Auf der anderen Seite gibt es einige Ratschläge, die der gesunde Menschenverstand schon vorgibt und die Pferdebesitzer und Reiter in Betracht ziehen sollten.

Wir müssen wie Pferde denken.

Natural Horse-Man-Ship, Pat Parelli

Er erwähnt, dass es ein häufiger Fehler unerfahrener Reiter ist, sich junge Pferde zu kaufen, von denen sie erwarten, dass sie gemeinsam mit ihnen aufwachsen. In den meisten Fällen sind die Konsequenzen katastrophal. Pat Parelli spricht auch sehr häufig über Empathie, und ich kann ihm nur aus vollem Herzen zustimmen.
Parellis NH-Methoden geraten schnell an ihre Grenzen
Reiter: Pat Parelli mit der Karotte-Stick in Liberty
Das gibt es einige unsinnige Bemerkungen, die ein berühmter Pferdemensch wie Pat Parelli hätte vermeiden sollen, wobei ich ihm zugute halten muss, dass ich nicht EINEN Satz gelesen habe, der einem Pferde Leid oder Schmerz verursachen könnte – und dennoch ist es nicht immer so schön, wenn man die Parelli-Methoden in der Praxis anwendet.

Einiges von diesem Unsinn ist die Folge vorschneller Wertungen, da Pat Parelli überzeugt ist, die Wahrheit zu besitzen: zum Beispiel ist er ziemlich starr in seiner Ansicht, dass Pferde Beutetiere und Menschen Raubtiere seien; ein anderes Beispiel ist sein Zitat „Der Trab ist die einzige Gangart, die ein Pferd auf der Stelle ausführen kann“. Dies ist falsch, denn Nuno Oliveira selbst konnte ein Pferd auf der Stelle kantern lassen.

Wir riechen nach dem, was wir essen (Fleisch); unsere Augen sind vorn an unseren Köpfen; unsere Ohren sind generell angelegt, was für ein Pferd ein Ausdruck von Aggression ist.

Natural Horse-Man-Ship, Pat Parelli

Einige sind einfach nur sehr seltsame Vorstellungen, die sogar gefährlich werden könnten. Pat Parelli rät seinen Lesern „ohne Sattel mit einem Hackamore [Knotenhalfter] und Progress-String [Strick]“ zu reiten, was zu einem Unglück führen könnte, wenn es nicht korrekt und nicht im richtigen Moment ausgeführt wird. Ich kann noch nicht einmal nachvollziehen, wie ein Pferdefachmann dazu raten kann, sich der Sicherheit des Sattels auf jungen und unterzogenen Pferden zu entledigen. Andererseits trägt er Sporen und mag sie, er findet sogar eine ziemlich lahme Entschuldigung für sie: „Sie sind wahrscheinlich eines der menschlichsten Werkzeuge, welches in der Kommunikation mit Pferden genutzt wird“. Ach wirklich?!?

Ein weiteres Beispiel ist das Stufensystem seiner Übungen: es braucht neun Schritte, um ein Pferd dazu zu bringen, sich rückwärts zu bewegen, aber nur zwei bewegen es vorwärts („Bitten Sie Ihr Pferd, nach rechts zu traben, indem Sie breit grinsen. Wenn das nicht hilft, benutzen Sie Ihre linke Hand und geben Sie Ihrem Pferd einen Klaps auf die Hinterbacken“)… also erst ein Lächeln, dann ein Klaps!

Dr. Freud & Mr Parelli

Für die Natürliche Reitkunst ist Pat Parelli das, was Sigmund Freud für die Philosophie war. In der Tat hat Pat Parelli beschlossen, Geld mit Pferden zu verdienen, was nicht falsch ist, aber die Methode ist nicht sehr ehrenhaft. Der Pferdemensch geht recht egozentrisch vor: Er behauptet, dass seine Methode auf Jahren persönlicher Beobachtung von Pferden basiert, und dass das, was er sagt, als universelle Wahrheit gilt; er gibt vor, eine knallharte, mathematisch genaue Wissenschaft entwickelt zu haben, um mit Pferden umzugehen; und zuguterletzt hat er sein Geschäftsmodell als Pyramidensystem entwickelt, um seine Theorien zu verbreiten. (Parelli hat den Schlüssel zur Wahrheit gefunden, er bringt sie ausgewählten Jüngern bei, die ihrerseits dann die frohe Botschaft dem Rest der Welt vermitteln.)

Freud ist in seinem Buch nicht direkt erwähnt, aber Pat Parelli spricht über ein Buch von Maxwell Maitz mit dem Titel „Psycho-Cybernetics“, welches ganz klar von Freudschen Ideen durchdrungen ist.
Wenn ich ein Pferd anschaue, versuche ich gleichzeitig Diagnostiker und Psychoanalytiker zu sein.

Natural Horse-Man-Ship, Pat Parelli

Persönliche Überzeugungen werden zu absoluten Wahrheiten

Die Schlüssel zu seinen Ideen verrät er in seinem Buch, und es ist recht interessant zu lesen, wenn er sagt, dass „natürliche Reitkunst ist so alt ist, dass sie wieder neu ist“. Das ist natürlich ziemlich praktisch, wenn man der neue Messias werden möchte („Über viele Jahre hinweg und durch ganz viel Beobachtung habe ich herausgefunden, dass…“ ist ein ziemlicher Widerspruch zu den Zitaten von Tom Dorrance und Ray Hunt, nämlich dass einige seiner Konzepte schon von Xenophon vor über 2000 Jahren entwickelt worden seien.) Wenn man einige von Parellis Psychoanalysen auf ihn selbst anwendet, können Sätze wie „Man kann im Bezug auf die Reitkunst fast religiös werden“ recht erhellend wirken. In Natural Horse-Man-Ship enthüllt Pat Parelli seinen Lesern versteckte Wahrheiten, es gibt kein Hinterfragen, keine Zweifel: Er weiß und erzählt. Sein Wort gilt sowohl den Pferden die als „geborene Feiglinge, Klaustrophobien, Vollgas-Süchtige (und zwar alle!!!) bezeichnet werden, als auch den Menschen, welche er genauso gut wie die Pferde kennt: „Erwachsene […] suchen nach Regeln, Regularien, dogmatischen Antworten und möchte sie auf dei Pferde anwenden.“ Ein paar Zeilen später informiert er uns darüber, dass Kinder nach dem 12. Lebensjahr erwachsen werden und dem Druck unterliegen. Später wird eine weitere Wahrheit enthüllt: „Wenn wir über 35 sind, verlässt uns unser inneres Kind.“

Natürliche Reikunst ist eine mathematisch genaue Wissenschaft

Pat Parelli gebraucht die zwei Zügel des Betrugs, um seine „Wissenschaft“ zu konstruieren: willkürliche Zahlen auf der einen Seite, wilde Konzepte und Umformulierungen auf der anderen. Er ist besessen von Zahlen und Mathematik, und wir finden endlose Listen von Schaubildern und Formeln im gesamten Buch: „8 Prinzipien der Natürlichen Reitkunst“, „ Die 10 Qualitäten eines Natürlichen Reiters“, „Alle Pferde wissen, dass es nur sechs Dinge gibt, die sie tun können“ „Drei Systeme“ „Acht Verantwortlichkeiten“, „Pferde haben fünf natürliche Gangarten“, „Jede Gangart hat im Wesentlichen drei Geschwindigkeiten“, „Pferdetum basiert auf drei Dingen“, „Geist ist ein Multiplikationsfaktor“, „Alles, was ein Pferde tut […], ordne ich auf einer Skala von -10 bis +10 ein“, „Vier Arten von Werkzeugen“ , „Das Programm hat 10 Stufen“ , „Vier Kategorien des Pferdetrainings“, „Benutzen Sie sechs Schlüssel“, „Vier-Schritt-Formeln“, „Vier-Phasen-Theorie“, „Die drei großen Lügen“, „Drei Arten der Zügelposition“, „Drei Zügelfunktionen“… Ich habe ein paar Beispiele genannt, um zu zeigen, wie Pat Parelli und seine Jünger zahlen nutzen, um die Wahrheit zu rechtfertigen, die sie angeblich entdeckt haben.

  • „Pferde haben sechs grundlegende, natürliche Talente: 1) laufen 2) springen 3) abwerfen 4) Herdenbildung 5)Spielen und 6) Ziehen.“ Diese Theorie passt gut zu dem Programm, das von der Parelli-Institution verkauft wird, aber ist völlig unzureichend, wenn man eine Herde betrachtet. Ich habe gesehen, wie Pferde sich gestoßen und gebissen haben, und nach ein paar Jahren spielen Pferde auch nicht mehr (dies ist die Gabe eines Fohlens, demzufolge wird es schwierig, die sieben Spiele mit einem über zehnjährigen, verzogenen Pferd zu „spielen“.), usw.
  • „Der durchschnittliche Reiter benötigt etwa 500 Stunden des Natural Horse-Man-Ship, um die Fähigkeiten eines Natural Horse-Man zu erlangen“, sagt wer? Auf wievielen Reitern basiert das? Wo sind die Statistiken? Pat Parelli macht mit einer Vorschul-Rechnung weiter: 1 Stunde pro Tag bei fünf Tagen pro Woche macht 20 Stunden pro Monat, in anderen Worten 240 Stunden pro Jahr, dies bedeutet, dass man 2 Jahre braucht, um ein echter Pferdemensch zu werden! Nicht mehr und nicht weniger…
  • „Ein Pferd braucht etwa 1100 Stunden, um unerschüttlich und ein solider, verlässlicher Partner zu werden.“ Noch einmal, wo sind die Studien, die diese sehr bestimmten Aussagen belegen? Wieviele Pferde wurden beobachtet? Wieviele Reiter haben an der Studie teilgenommen?

Das zweite Werkzeug ist die stete Wiederholung sehr einfacher Dinge mithilfe von reichlich obskuren Sätzen. Es könnte eigentlich sogar recht spaßig sein, wenn es nicht von Parellis Predigern so ernst genommen würde. Der Pferdefachmann kommt mit einem Konzept, welches er „Pferdetum“ nennt, was in anderen Worten nichts anderes als ist als die Betrachtung eines anderen Lebewesens als Indivduum. Dies ist ein altes philosophisches Konzept, welches schon vor ein paar tausend Jahren in Athen diskutiert wurde und davor wahrscheinlich in Indien und China. Parelli benutzt eine Menge Phrasen, um einfache Konzepte auszudrücken, darunter seine Lieblingsformulierung „passive Beharrlichkeit in der richtigen Position“, welches nichts anderes ist als die Bedeutung von Konsequenz und Beständigkeit. Die Bildunterschriften sind die lustigsten Umformulierungen, die ich fand: ein Foto zeigt Pat Parelli, der ein Pferd zieht, um es dazu zu bringen, ein trockenes Bachbett zu überqueren, die Psycho-Bildunterschrift lautet „Hier führt Pat sein Pferd durch unwegsames Gelände, indem er es vorsätzlich herausfordert“, ein anderes zeigt Pat Parelli beim zügelfreien Arbeiten eines fortgeschrittenen Pferdes, um es rückwärts gehen zu lassen, was die Psycho-Bildunterschrift folgendermaßen kommentiert: „Pat unterhält sich mit seinem Pferd über das Anhalten und Rückwärtsgehen.“
Kein Kommentar!

Der Pferde(geschäfts)mann
Pat Parelli ist sicherlich ein fairer Reiter, keine Frage. Aber er ist ganz klar noch ein besserer Geschäftsmann. Die Methode ist mit der Freudschen Methode überraschend identisch, wenn es darum geht, damit Geld zu verdienen: Zuallererst, Pat Parelli ist der Eine, der Ursprung der Natürlichen Reitkunst; alles, was vorher war, führte zu ihm hin, und all das, was nach ihm ein kommt, wird eine Folge seiner Entdeckungen sein.

Er ist der Einzige, der dieses Wissen an ausgewählte Jünger weitergibt, „Lehrmeister“ genannt, welche klassifiziert werden und die einzig legitimen Lehrer sind.

Wenn Sie keine Natural Horse-Man-Ship besitzen [das Buch], werden Sie nur das Übliche tun, was Menschen mit Pferden tun, und nichts erreichen.

Natural Horse-Man-Ship, Pat Parelli

Reiters: Pat Parelli Verkauft von Pferdeshows auf der ganzen Welt

Die Ausbildung muss lang sein, sehr lang sogar, also kostenintensiv für den Studenten, und fruchtbringend für Parelli selbst: “Ich fand heraus, dass es den Menschen etwa 1000 Stunden kostet, bevor er oder sie sich im Sattel behaglich fühlt […]. In den nächsten 1500 oder 3000 Stunden wird dann klar, ob ein Reiter wirklich Fortschritte machen und zu einem Expertenreiter werden wird”. Wenn Parelli erklärt, dass die erste Stufe (im Buch enthalten) in etwa 20 Stunden absolviert werden kann, informiert er uns auch gleich darüber, dass „es bis zu 500 Stunden dauern kann, Stufe 3 zu erreichen.“ (Diese ist natürlich nicht gratis). Das heißt, dass man nach etwa zwei Jahren regelmäßigen Reitens nur etwas mehr als ein Lehrling ist. „Um ein Sechs-Stufen-Reiter zu werden, braucht es wahrscheinlich 10000 Stunden“…

Letzlich entdeckte Pat Parelli praktischerweise ein paar wissenschaftliche Fakten, die perfekt zum Katalog und zur Preiseliste passen, die auf seiner Webpräsenz erhältlich sind, indem er „inmitten […] zweier Versuche mit dem Karottenstick“ aufwartet. (käuflich zu erwerben). Parelli führt uns zu der Erkenntnis, dass „45, 22, 12 und 6 [Fuß] die Distanzen sind, die einen Unterschied für das Pferd darstellen […] und den Seillängen entsprechen, die ich im Kapitel Werkzeuge erwähne.“ (käuflich zu erwerben)!

Gleiches Geschäft, anderes Gesicht

Abschließend kann ich sagen, dass ich von Pat Parelli nicht eine Sache gelernt habe, die ich nicht schon in Tom Dorrance’s True Unity, Ray Hunt’s Think Harmony with Horses und Buck Brannaman’s 7 Clinics gelesen oder angeschaut hätte. Wir können also diese drei großen Pferdekenner einer Menge Geschäftsleuten gegenüberstellen, die mit der Gutgläubigkeit der Reitergemeinde tausende von Dollars oder Euros einnehmen. Pat Parelli gehört zu dieser Menge, so wie Clinton Anderson (mit dem er übrigens ziemlich viele Vorstellungen teilt), John Lyons (obwohl Parelli nie etwas Schlechtes über die Pferde sagt) und noch andere (inklusive seiner eigenen Anhänger wie Alfonso Aguilar, Andy Booth und andere Jünger). Vielleicht haben Sie Pat Parelli gelesen und sind seinen Methoden gefolgt, und daran ist nichts Verwerfliches. Aber ich kann Ihnen raten, sich eine schönere und respektvollere Philosophie zu wählen, wie etwa die von Dorrance oder Ray Hunt. Sollten Sie Parelli noch nicht probiert haben, können Sie ihn gern auslassen und gleich zu den oben erwähnten Büchern und DVDs übergehen, was Ihnen viel Zeit und Geld ersparen wird.

Comments are closed.